Meister Eckharts Spuren in De pace fidei
bei Nikolaus von Kues
von: Andrea FIAMMA
Meister Eckhart war sicherlich eine sehr präsente Quelle in den Cusanus-Werken: in der Cusanus Bibliothek in Kues findet man noch die wichtigste Serie von Eckharts Manuskripten des Opus Tripartitum, die Nikolaus von Kues intensive studiert hat und die er lange mit vielen Anmerkungen versah. Es reich, ein paar Seiten von Cusanus Büchern zu lesen, um den großen Einfluss von Meister Eckhart in Cusanus' Denken zu konstatieren. Dank der letzten Ergebnisse der internationalen Cusanus-Forschung haben wir heute eine breite Auswahl von Studien. Die aktuelle Forschungsliteratur ist umfangreich: In manchen Bereichen wie der Erkenntnistheorie, der Ontologie und der Theologie findet man eine komplette Bibliographie von Büchern, Aufsätzen und kritischen Ausgaben. Jedoch wenig untersucht wurde bisher die interreligiöse Thematik. Und obwohl sie im bloßen Cusanus Denken stark erforscht ist, gibt es über den Einfluss Eckharts im interreligiösen Denken bei Cusanus eigentlich keine wohl-strukturierte Untersuchung. In diesem Rahmen möchten wir untersuchen, ob und inwiefern die Meister Eckharts Philosophie eine Rolle in einen cusanischen interreligiösen Text wie De pace fidei gespielt haben.
Über den Frieden im Glauben ist ein sehr berühmtes Buch des Cusanus, das später als ein Musterbeispiel des religiösen Ökumenismus bekannt geworden ist. Wahrscheinlich kann es unter die ersten Versuche eines interreligiösen Dialog gerechnet werden. 1453 wurde es verfasst, und seine Entstehung wurde hervorgerufen durch die Eroberung von Konstantinopel: Am 29. Mai 1453 waren die Türken schon durch die Stadt Konstantinopel von dem jungen Sultan Mehmed II. angeführt worden, der mit großen Entschiedenheit nach ganz Ost-Europa trachtete. Aber die Gefahr für den Papst und seinen Kardinalen Kreis war nicht nur politisch, sondern auch religiös, weil die Türken «ob religionem […] in invicem arma movere et sua potentia homines aut ad renegationem diu observatae sectae cogere aut mortem inferre». In dem erschütterten Abendland war sodann eine Diskussion über eine mögliche christliche Reaktion eröffnet worden, an der viele Intellektuelle und Bischöfe teilnahmen. Einige wollten einen neuen Kreuzzug führen, um eine symbolische Stadt wie Konstantinopel zurück zu erobern, weil sie der Meinung waren, dass mit den Muslimen kein Dialog möglich war. Es war den Fall von Enea Silvio Piccolomini: Er schreibt ausdrücklich, dass die Türken die neue Barbaren seien.
In diesem politischen und religiösen Zusammenhang schlug Nikolaus von Kues seine persönliche Position im De pace fidei vor. Am Anfang des Buchs erzählt er eine Vision: irgendwann und «forte ex diuturna continuata meditatione» ist er unvermittelt in den Himmel entrückt. Dort sieht er ein wunderbares Ereignisse: Gott selbst hatte ein himmlisches Konzil mit den die Länder und Religionen vertretenen Engeln, den Heiligen und den Seligen einberufen. Der Grund des Konzils war sehr wichtig: Gott wollte, dass die die Länder und Religionen vertretenen Engel miteinander diskutieren. In den letzten Tagen war die Situation auf der Erde und vor allem in Konstantinopel sehr kritisch, weil überall Kummer und Gewalt herrschten, insofern da die Menschen miteinander «ob religionem» stritten. Die weltlichen Religionen hatten so breite Differenzen entwickelt, dass sie derzeit nicht mehr in Friede zusammenlebten. Dies besondere Konzil musste «unam posse facilem quandam concordantiam reperiri, ac per eam in religione perpetuam pacem convenienti ac veraci medio constitui».
Die Perspektive des Cusanus war in sich selbst nicht kompliziert: Dadurch, dass die Streitigkeiten und die Kriege der Menschen «ob religionem» waren, würden die Problemen beendet werden, wenn die Religionen eine gemeinsame Übereinstimmung fänden. Aus diesem Grund stellt er in De pace fidei einen imaginären Dialog zwischen Engeln dar, die die Religionen, die Ländern, die Philosophien und die Kulturen symbolisieren. Jeder Vertreter trägt zum Dialog mit einer eigenen partikularen Perspektive bei: es gibt den Griechen, den Italiener, den Araber, den Inder, den Chaldäer, den Perser, den Syrer, den Tatar, den Böhme und andere; aber vor allem gibt es den Christ, Sankt Peter und Sankt Paul, die den Dialog bestimmen. Man kann sich einfach vorstellen, dass dieser Text viele Theorien und Philosophien zusammenfasst, und dass Cusanus viele Bücher und Quellen benutzt hat, um De pace fidei zu schreiben. Deshalb können wir uns fragen, welchen Quellen hat Cusanus in De pace fidei benutzt, und welchen Quellen können wir im Text wiederfinden. Dazu muss die Cusanus-Forschung noch weitergehen. Aber trotz des Mangels an genau geprüften Studien, kann man den Quellenapparat der von R. Klibansky und H. Bascour herausgegebenen Kritische Edition zuerst benutzen. Die folgenden Betrachtungen stützen sich herauf um die Entsprechungen von M. Eckhart in De pace fidei zu forschen.
In einem ersten Schritt suchen wir den Namen „Meister Eckhart“ in der gezeigten Kritische Edition des De pace fidei und in den Abteilungen „Fontes“ und „Loci similes et testimonia“: so findet man diesen Namen nur vier mal. Das heißt: sehr selten, nicht nur betreffend der ganzen De pace fidei, sondern auch bezüglich der Häufigkeit, mit der die Werke Eckharts in den gesamten Cusanus-Schriften auftreten. Auch wenn wir über die Bedeutung Eckharts im Rahmen des theologischen Denkens Cusanus' nachdenken, lassen eher die geringe Zahl da Bezüge staunen.
Die Verweise auf M. Eckhart in Cusanus De pace fidei sind so verteilt:
Die vier Entsprechungen sind trotzdem nicht alle gleichwertige, weil nicht alle einer spezifischen Einzelheit Meister Eckharts entsprechen. Das letzte Verweis ist z.B. eigentlich nicht hervorzuheben, denn die Perspektive von Gott als infinita causa und mensura omnium kommt in Cusanus-Werk viel häufiger aus andere Quellen und Überlieferungen – wie die letzten Ergebnisse der Cusanus-Forschung bewiesen haben. Außerdem ist das Thema von Gott als infinita causa und mensura omnium in De pace fidei nicht besonders entwickelt, obwohl es zweifellos schon vorhanden ist. Die Entsprechungen Nummer eins und drei betrachten ontologische Aspekte der weltlichen Existenz. Dies soll hier nicht weiter ausgeführt werden, denn das Problem ist schon öfter in der Cusanus Literatur in Angriff genommen wurde.
Dagegen ist unser Interesse auf die zweite Entsprechung begezogen, wo R. Klibansky und H. Bascour die Cusanus-Marginalia zitieren. Dieser Text ruft besondere Neugierde hervor, weil er an einen klassischen Ausdruck der mystischen Tradition erinnert: der Unterschied zwischen dem inneren und dem äußeren Mensch. Im Gegenteil zu den anderen Eckhart-Entsprechungen, die sich auf generelle Ausdrucken der christlichen mittelalterlichen Theologie beziehen, haben wir hier ein spezifisch mystisches Leitmotiv, das sehr wichtig ist, um die Eckhart-Cusanus Verbindung zu beschreiben. Außerdem gab es auch einen zweiten Grund, der unsere Aufmerksamkeit wachgerufen hat: An derselben Stelle haben R. Klibansky und Bascour auch ein klares Echo von Sankt Paulus und Augustinus gefunden. Diese besondere Konzentration von mystischen Quellen kann nicht unbemerkt bleiben, und damit ist jetzt eine philosophische Analyse des Textes sinnvoll geworden. Die philologischen Anhaltspunkte öffnen die Möglichkeit, mit einer philosophischen Bewertung zu verstehen ob, an dieser Stelle Meister Eckhart eine Rolle gespielt hat. Der Text findet sich im zweiten Kapitel des De pace fidei, wo Cusanus berichtet, was er unmittelbar aus den Gottesmund gehört hat. Es ist auch der einzige Textschritt in De pace fidei, in dem der Gottesgedanke dargestellt ist. Hier erzählt Gott eine kleine Menschheitsgeschichte: die Schöpfung, die Korruption in der Sünde, die Nachrichten der Propheten und die Menschwerdung des Gottesworts (Christus). Im Nachstehenden übernehmen wir einen Teil davon:
Das in diesem Textausschnitt aufsteigende Element ist die Verbindung zwischen der menschlichen Freiheit, die Innere und Christus. Die Menschheit, die frei geschaffen wurde, wollte nämlich je nach dem äußeren Mensch exteriorem hominem leben, und deswegen ist sie selbst der Sünde unterworfen. Leben nach dem äußeren Mensch heißt Leben nach dieser Welt, nach der «animalis et sensibilis vita», nach ihren Leidenschaften, nach ihrem unbeständigen Interesse; das heißt Leben für eigene Eigentümlichkeit, für die Macht und für das weltliche Vergnügen, und damit werden Gewalt, Kriege und Trennungen zwischen den Menschen geschaffen. Aber – sagt Cusanus – Gott hat seiner Sohn in diese Welt geschickt, um mit seinem Leben zu bezeugen.
Diese Verbindung zwischen dem inneren Menschen und der Menschwerdung des Christus ist auch sinnvoll für die interreligiöse Dimension des De pace fidei. Wir sehen schwerpunktmäßig warum. Aus Sichtweise des Cusanus Gesichtspunkt ist eine generelle Übereinstimmung der Religionen nur dann möglich, wenn die Religionen und alle philosophischen Strömungen einige intellektuellen Wahrheiten als selbst-evident akzeptieren. Sie sind zwar schon in der Religionen vorhanden, aber sie befinden sich noch in einer unbestimmten oder potentiellen Gestalt. Sie sind die Gotteseinheit, die Trinitätslehre und vor allem die Menschwerdung des Gottesworts. Aber der letzte Punkt ist der wichtigste und er trennt den Christenglaube von anderen Religionen. Dieser Unterschied sieht man insbesondere mit den Muslimen, die Christus nicht verstehen. Sie sehen Christus als einen einfachen Propheten an, denn sie denken dass Christus nur einen Mensch ist. Mit diesem Menschwerdungsproblem beschäftigt sich Cusanus im letzten Teil des De pace fidei, wo er Paulus im Dialog mit die Muslimen darstellt.
Die Wahl von Paulus ist nicht zufällig. Er, sagt dass die Menschwerdung nicht aus der Perspektive der Wesensdifferenz zwischen göttlicher und menschlicher Natur bestimmt ist, sondern aus der Perspektive, dass Christus die Vollendung und Erfüllung der Menschennatur entwickelt. Deswegen ist seine Nachricht ja universal. Christus ist die Antwort auf die Wahrheitsfrage, die uns in interiore homine anspricht. Aber wenn die Muslime und die andere Religionen sich auf Rituale, Äußerlichkeit und Trennung konzentrieren, können sie nicht die Wahrheitsfrage hören, die aus ihren Inneren aufkommt. Und sie ist die selbe für alle, da sie in jedem Mensch als demütige Mensch aufkommt. Aber genau dies ist eine Lehre Meister Eckharts. Er nennt sie die Gottesgeburt in der demütigen Seele: Christus kommt im Seelengrund jedes mal auf, wenn ein nicht aus einer bestimmen Religion oder einen bestimmten Ritual konnotierter Mensch die Wahrheitsfrage in seinen Inneren hört; jedes mal, wenn ein Mensch seine Seele aus den Leidenschaften, Bildern und der Äußerlichkeit befreit und damit seinen inneren Mensch befreit: Da erscheint der Christus, ohne Differenzen zwischen Religionen und Philosophie.
Zum Schluss: obwohl die Eckharts Spuren auf einen philologische Niveau in De pace fidei nicht gefunden werden konnte, ist sie trotzdem sehr lebendig im Text. Meister Eckhart liegt der Christologie des Cusanus zugrunde, die bei De pace fidei das zentrale Element für ein Übereinkommen zwischen den Religionen ist. Nur wenn sich die Religionen einig darin sind, dass die Menschwerdung die einzige Antwort auf die Wahrheitsfrage aller Menschen ist, wird ein Friede im Glauben möglich.
Meister Eckhart war sicherlich eine sehr präsente Quelle in den Cusanus-Werken: in der Cusanus Bibliothek in Kues findet man noch die wichtigste Serie von Eckharts Manuskripten des Opus Tripartitum, die Nikolaus von Kues intensive studiert hat und die er lange mit vielen Anmerkungen versah. Es reich, ein paar Seiten von Cusanus Büchern zu lesen, um den großen Einfluss von Meister Eckhart in Cusanus' Denken zu konstatieren. Dank der letzten Ergebnisse der internationalen Cusanus-Forschung haben wir heute eine breite Auswahl von Studien. Die aktuelle Forschungsliteratur ist umfangreich: In manchen Bereichen wie der Erkenntnistheorie, der Ontologie und der Theologie findet man eine komplette Bibliographie von Büchern, Aufsätzen und kritischen Ausgaben. Jedoch wenig untersucht wurde bisher die interreligiöse Thematik. Und obwohl sie im bloßen Cusanus Denken stark erforscht ist, gibt es über den Einfluss Eckharts im interreligiösen Denken bei Cusanus eigentlich keine wohl-strukturierte Untersuchung. In diesem Rahmen möchten wir untersuchen, ob und inwiefern die Meister Eckharts Philosophie eine Rolle in einen cusanischen interreligiösen Text wie De pace fidei gespielt haben.
Über den Frieden im Glauben ist ein sehr berühmtes Buch des Cusanus, das später als ein Musterbeispiel des religiösen Ökumenismus bekannt geworden ist. Wahrscheinlich kann es unter die ersten Versuche eines interreligiösen Dialog gerechnet werden. 1453 wurde es verfasst, und seine Entstehung wurde hervorgerufen durch die Eroberung von Konstantinopel: Am 29. Mai 1453 waren die Türken schon durch die Stadt Konstantinopel von dem jungen Sultan Mehmed II. angeführt worden, der mit großen Entschiedenheit nach ganz Ost-Europa trachtete. Aber die Gefahr für den Papst und seinen Kardinalen Kreis war nicht nur politisch, sondern auch religiös, weil die Türken «ob religionem […] in invicem arma movere et sua potentia homines aut ad renegationem diu observatae sectae cogere aut mortem inferre». In dem erschütterten Abendland war sodann eine Diskussion über eine mögliche christliche Reaktion eröffnet worden, an der viele Intellektuelle und Bischöfe teilnahmen. Einige wollten einen neuen Kreuzzug führen, um eine symbolische Stadt wie Konstantinopel zurück zu erobern, weil sie der Meinung waren, dass mit den Muslimen kein Dialog möglich war. Es war den Fall von Enea Silvio Piccolomini: Er schreibt ausdrücklich, dass die Türken die neue Barbaren seien.
In diesem politischen und religiösen Zusammenhang schlug Nikolaus von Kues seine persönliche Position im De pace fidei vor. Am Anfang des Buchs erzählt er eine Vision: irgendwann und «forte ex diuturna continuata meditatione» ist er unvermittelt in den Himmel entrückt. Dort sieht er ein wunderbares Ereignisse: Gott selbst hatte ein himmlisches Konzil mit den die Länder und Religionen vertretenen Engeln, den Heiligen und den Seligen einberufen. Der Grund des Konzils war sehr wichtig: Gott wollte, dass die die Länder und Religionen vertretenen Engel miteinander diskutieren. In den letzten Tagen war die Situation auf der Erde und vor allem in Konstantinopel sehr kritisch, weil überall Kummer und Gewalt herrschten, insofern da die Menschen miteinander «ob religionem» stritten. Die weltlichen Religionen hatten so breite Differenzen entwickelt, dass sie derzeit nicht mehr in Friede zusammenlebten. Dies besondere Konzil musste «unam posse facilem quandam concordantiam reperiri, ac per eam in religione perpetuam pacem convenienti ac veraci medio constitui».
Die Perspektive des Cusanus war in sich selbst nicht kompliziert: Dadurch, dass die Streitigkeiten und die Kriege der Menschen «ob religionem» waren, würden die Problemen beendet werden, wenn die Religionen eine gemeinsame Übereinstimmung fänden. Aus diesem Grund stellt er in De pace fidei einen imaginären Dialog zwischen Engeln dar, die die Religionen, die Ländern, die Philosophien und die Kulturen symbolisieren. Jeder Vertreter trägt zum Dialog mit einer eigenen partikularen Perspektive bei: es gibt den Griechen, den Italiener, den Araber, den Inder, den Chaldäer, den Perser, den Syrer, den Tatar, den Böhme und andere; aber vor allem gibt es den Christ, Sankt Peter und Sankt Paul, die den Dialog bestimmen. Man kann sich einfach vorstellen, dass dieser Text viele Theorien und Philosophien zusammenfasst, und dass Cusanus viele Bücher und Quellen benutzt hat, um De pace fidei zu schreiben. Deshalb können wir uns fragen, welchen Quellen hat Cusanus in De pace fidei benutzt, und welchen Quellen können wir im Text wiederfinden. Dazu muss die Cusanus-Forschung noch weitergehen. Aber trotz des Mangels an genau geprüften Studien, kann man den Quellenapparat der von R. Klibansky und H. Bascour herausgegebenen Kritische Edition zuerst benutzen. Die folgenden Betrachtungen stützen sich herauf um die Entsprechungen von M. Eckhart in De pace fidei zu forschen.
In einem ersten Schritt suchen wir den Namen „Meister Eckhart“ in der gezeigten Kritische Edition des De pace fidei und in den Abteilungen „Fontes“ und „Loci similes et testimonia“: so findet man diesen Namen nur vier mal. Das heißt: sehr selten, nicht nur betreffend der ganzen De pace fidei, sondern auch bezüglich der Häufigkeit, mit der die Werke Eckharts in den gesamten Cusanus-Schriften auftreten. Auch wenn wir über die Bedeutung Eckharts im Rahmen des theologischen Denkens Cusanus' nachdenken, lassen eher die geringe Zahl da Bezüge staunen.
Die Verweise auf M. Eckhart in Cusanus De pace fidei sind so verteilt:
Cusanus-Text
|
M. Eckhart-Entsprechung
|
M. Eckhart-Text
|
De pace fidei I, 5, 14:
«Quid
existens nisi esse?».
|
Opus tripart., Prologus generalis
(Opera latina II 9, 3 Bascour)
|
|
De pace fidei II, 7, 15-16:
«et
videret non secundum exteriorem sed interiorem hominem
ambulandum».
|
Cusanus-Marginalia
ad Expos. in Ioann.; cod. cusan. 21,
fol. 123v:
«veritas
in interiori homine»;
ad
Sermones; cod. cusan. 21, fol. 140v:
«nota bene de interiori homine»;
ad
Sermones; cod. cusan. 21, fol. 164v:
«interior homo non est in tempore».
|
/
|
De pace fidei X, 27, 14:
«Ratio
autem, quae logos seu verbum».
|
Sermones et Lect. de Eccl,
Expos. in Gen. et Expos. in Ioann.
|
/
|
De pace fidei XI, 30, 6:
«verbum
igitur seu ratio, infinita causa et mensura omnium quae fieri
possunt, Deus est».
|
Cusanus-Marginalia
ad Sermones et Lect. de Eccl.; cod.
cus. 21, fol. 83r:
«Deus
mensura seu regula omnium».
|
«Deus
autem, utpote esse primum et simplicissimum, mensura est et regula
omnium quae sunt quocumque modo essendi, ex 10° Metaphysice»
|
Die vier Entsprechungen sind trotzdem nicht alle gleichwertige, weil nicht alle einer spezifischen Einzelheit Meister Eckharts entsprechen. Das letzte Verweis ist z.B. eigentlich nicht hervorzuheben, denn die Perspektive von Gott als infinita causa und mensura omnium kommt in Cusanus-Werk viel häufiger aus andere Quellen und Überlieferungen – wie die letzten Ergebnisse der Cusanus-Forschung bewiesen haben. Außerdem ist das Thema von Gott als infinita causa und mensura omnium in De pace fidei nicht besonders entwickelt, obwohl es zweifellos schon vorhanden ist. Die Entsprechungen Nummer eins und drei betrachten ontologische Aspekte der weltlichen Existenz. Dies soll hier nicht weiter ausgeführt werden, denn das Problem ist schon öfter in der Cusanus Literatur in Angriff genommen wurde.
Dagegen ist unser Interesse auf die zweite Entsprechung begezogen, wo R. Klibansky und H. Bascour die Cusanus-Marginalia zitieren. Dieser Text ruft besondere Neugierde hervor, weil er an einen klassischen Ausdruck der mystischen Tradition erinnert: der Unterschied zwischen dem inneren und dem äußeren Mensch. Im Gegenteil zu den anderen Eckhart-Entsprechungen, die sich auf generelle Ausdrucken der christlichen mittelalterlichen Theologie beziehen, haben wir hier ein spezifisch mystisches Leitmotiv, das sehr wichtig ist, um die Eckhart-Cusanus Verbindung zu beschreiben. Außerdem gab es auch einen zweiten Grund, der unsere Aufmerksamkeit wachgerufen hat: An derselben Stelle haben R. Klibansky und Bascour auch ein klares Echo von Sankt Paulus und Augustinus gefunden. Diese besondere Konzentration von mystischen Quellen kann nicht unbemerkt bleiben, und damit ist jetzt eine philosophische Analyse des Textes sinnvoll geworden. Die philologischen Anhaltspunkte öffnen die Möglichkeit, mit einer philosophischen Bewertung zu verstehen ob, an dieser Stelle Meister Eckhart eine Rolle gespielt hat. Der Text findet sich im zweiten Kapitel des De pace fidei, wo Cusanus berichtet, was er unmittelbar aus den Gottesmund gehört hat. Es ist auch der einzige Textschritt in De pace fidei, in dem der Gottesgedanke dargestellt ist. Hier erzählt Gott eine kleine Menschheitsgeschichte: die Schöpfung, die Korruption in der Sünde, die Nachrichten der Propheten und die Menschwerdung des Gottesworts (Christus). Im Nachstehenden übernehmen wir einen Teil davon:
Ad hanc archangeli supplicationem cum omnes caelici cives se pariter Regi summo inclinarent, aiebat qui in trono sedebat hominem suo arbitrio dimissum, in quo arbitrio capacem eum suo consortio creasset. Sed quia animalis et terrenus homo sub principe tenebrarum in ignorantia detinetur, ambulans secundum condiciones vitae sensibilis quae non est nisi de mundo principis tenebrarum, et non secundum intellectualem interiorem hominem cuius vita est de regione originis sui: hinc aiebat se multa cura et diligentia per varios prophetas, qui aliorum comparatione videntes erant, deviantem hominem revocasse. Et tandem, quando nec omnes ipsi prophetae sufficienter principem ignorantiae superare possent, Verbum suum miserit, per quod fecit et saecula. Quod induit humanitate, ut sic saltem hominem docilem liberrimi arbitrii illuminaret, et videret non secundum exteriorem sed interiorem hominem ambulandum, si aliquando reverti speraret ad immortalis vitae dulcedinem.
Das in diesem Textausschnitt aufsteigende Element ist die Verbindung zwischen der menschlichen Freiheit, die Innere und Christus. Die Menschheit, die frei geschaffen wurde, wollte nämlich je nach dem äußeren Mensch exteriorem hominem leben, und deswegen ist sie selbst der Sünde unterworfen. Leben nach dem äußeren Mensch heißt Leben nach dieser Welt, nach der «animalis et sensibilis vita», nach ihren Leidenschaften, nach ihrem unbeständigen Interesse; das heißt Leben für eigene Eigentümlichkeit, für die Macht und für das weltliche Vergnügen, und damit werden Gewalt, Kriege und Trennungen zwischen den Menschen geschaffen. Aber – sagt Cusanus – Gott hat seiner Sohn in diese Welt geschickt, um mit seinem Leben zu bezeugen.
Et quia Verbum suum induit hominem mortalem, et in sanguine suo perhibuit testimonium veritati illi, scilicet hominem capacem esse aeternae vitae propter quam assequendam animalis et sensibilis vita pro nihilo habenda sit, quodque ipsa aeterna vita non sit nisi interioris hominis ultimum desiderium, scilicet veritas quae solum appetitur et, uti aeterna est, aeternaliter pascit intellectum. Quae quidem veritas intellectum pascens non est nisi Verbum ipsum, in quo complicantur omnia et per quod omnia explicantur, et quod humanam induit naturam, ut quilibet homo secundum electionem liberi arbitrii in sua humana natura, in homine illo qui et Verbum, immortale veritatis pabulum se assequi posse non dubitaret. Addens: «Et cum haec acta sint, quid est quod fieri potuit, et non est factum?»
Diese Verbindung zwischen dem inneren Menschen und der Menschwerdung des Christus ist auch sinnvoll für die interreligiöse Dimension des De pace fidei. Wir sehen schwerpunktmäßig warum. Aus Sichtweise des Cusanus Gesichtspunkt ist eine generelle Übereinstimmung der Religionen nur dann möglich, wenn die Religionen und alle philosophischen Strömungen einige intellektuellen Wahrheiten als selbst-evident akzeptieren. Sie sind zwar schon in der Religionen vorhanden, aber sie befinden sich noch in einer unbestimmten oder potentiellen Gestalt. Sie sind die Gotteseinheit, die Trinitätslehre und vor allem die Menschwerdung des Gottesworts. Aber der letzte Punkt ist der wichtigste und er trennt den Christenglaube von anderen Religionen. Dieser Unterschied sieht man insbesondere mit den Muslimen, die Christus nicht verstehen. Sie sehen Christus als einen einfachen Propheten an, denn sie denken dass Christus nur einen Mensch ist. Mit diesem Menschwerdungsproblem beschäftigt sich Cusanus im letzten Teil des De pace fidei, wo er Paulus im Dialog mit die Muslimen darstellt.
Die Wahl von Paulus ist nicht zufällig. Er, sagt dass die Menschwerdung nicht aus der Perspektive der Wesensdifferenz zwischen göttlicher und menschlicher Natur bestimmt ist, sondern aus der Perspektive, dass Christus die Vollendung und Erfüllung der Menschennatur entwickelt. Deswegen ist seine Nachricht ja universal. Christus ist die Antwort auf die Wahrheitsfrage, die uns in interiore homine anspricht. Aber wenn die Muslime und die andere Religionen sich auf Rituale, Äußerlichkeit und Trennung konzentrieren, können sie nicht die Wahrheitsfrage hören, die aus ihren Inneren aufkommt. Und sie ist die selbe für alle, da sie in jedem Mensch als demütige Mensch aufkommt. Aber genau dies ist eine Lehre Meister Eckharts. Er nennt sie die Gottesgeburt in der demütigen Seele: Christus kommt im Seelengrund jedes mal auf, wenn ein nicht aus einer bestimmen Religion oder einen bestimmten Ritual konnotierter Mensch die Wahrheitsfrage in seinen Inneren hört; jedes mal, wenn ein Mensch seine Seele aus den Leidenschaften, Bildern und der Äußerlichkeit befreit und damit seinen inneren Mensch befreit: Da erscheint der Christus, ohne Differenzen zwischen Religionen und Philosophie.
Zum Schluss: obwohl die Eckharts Spuren auf einen philologische Niveau in De pace fidei nicht gefunden werden konnte, ist sie trotzdem sehr lebendig im Text. Meister Eckhart liegt der Christologie des Cusanus zugrunde, die bei De pace fidei das zentrale Element für ein Übereinkommen zwischen den Religionen ist. Nur wenn sich die Religionen einig darin sind, dass die Menschwerdung die einzige Antwort auf die Wahrheitsfrage aller Menschen ist, wird ein Friede im Glauben möglich.
Commenti